Aktuelle Stunde zum Thema Messerattacken
Sehr geehrte Frau Ratsvorsitzende,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
In Hannover kam es in diesem Jahr bereits zu insgesamt 15 Messerattacken mit zum Teil lebensbedrohlichem oder sogar tödlichem Ausgang. Ein Faktum. Die Bürgerinnen und Bürger sind hoch sensibilisiert und der ansonsten gern bemühte Hinweis auf das Auseinanderfallen von objektiver Sicherheitslage und subjektivem Sicherheitsempfinden greift hier nicht, denn die Polizeistatistik bestätigt, dass Hannover ein zunehmendes Problem mit Messerdelikten hat.
Ein ebenso ernstes wie in seinen Ursachen vielschichtiges und komplexes Thema. Deshalb verbieten sich vorschnelle Antworten ebenso sehr, wie parteipolitische Vereinnahmung. Letzteres wird hier heute einmal mehr aber durch die AfD versucht. Die Stoßrichtung ist dabei, wie stets bei dieser Partei, recht durchsichtig. Das Spielen mit und Schüren von Ängsten der Menschen ist perfide und der übliche Versuch, einfache, holzschnittartige Antworten auf komplexe Problemlagen zu liefern, die die eigene monothematische Ausrichtung rechtfertigen sollen. Von solchen Versuchen distanziert sich die CDU ausdrücklich.
Gleichwohl ist das Problem, ich sagte es eingangs, ein real existierendes und empirisch nachprüfbares. Schon unsere Verantwortung gegenüber den Menschen in unserer Stadt, die zurecht Antworten auf Herausforderungen und vor allem Schutz von Leib und Leben von uns erwarten, verbietet es daher, das Thema kleinzureden, oder einfach vom Tisch zu wischen. Welchen Eindruck hinterließe sonst ein Staat, der in einer Pandemie dem Gesundheitsschutz zurecht eine hohe Priorität einräumt, aber die körperliche Unversehrtheit seiner Bürgerinnen und Bürger auf den Straßen der Landeshauptstadt nicht gewährleisten kann?
Im Sinne der Prävention müssen wir vorurteilsfrei, offen und ohne ideologische Scheuklappen über alle in Frage kommenden Ursachen offenbar zunehmender Gewaltbereitschaft und scheinbar hemmungsloserer Nutzung von Waffen sprechen. Dafür müssen Schwierigkeiten zunächst auch klar als solche benannt werden. Hannover ist durch seine geographische Lage, das bestätigen auch Aussagen von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, nach wie vor ein Hauptumschlagsplatz für Drogen; mit allen dazu gehörenden Nebeneffekten, wie beispielsweise einer sehr viel höheren Gewaltbereitschaft als früher. Ein Großteil dieser Aktivitäten vollzieht sich dabei im sogenannten Gerichtsviertel und damit sogar quasi unter den Augen der Justiz. Auch die selbstkritische Frage nach einer gelingenden Integration mit all ihren Teilaspekten spielt hier sicher ihre Rolle. Gerade hierzu wäre mehr wissenschaftliche Forschung wünschenswert, um einem diffusen Gefühl mit empirischen Daten zu begegnen. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollten dann aber auch nicht aus Gründen der Schonung – vor allem unserer selbst und unseres idealistischen Bildes vom Zusammenleben der Menschen – unter den Tisch fallen.
Eine stärkere Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger im Umgang mit beobachteter Kriminalität (Stichwort: Kultur des Wegsehens) und vor allem eine viel umfassendere Einbindung der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die jeden Tag aus erster Hand erleben, wie es „auf der Straße“ zugeht ist unerlässlich. Vor allem aber braucht es auch einen konsequent auftretenden Rechtsstaat. Nach Auffassung der CDU muss die Landeshauptstadt die Polizei künftig besser bei der gemeinsamen Aufgabe der Gefahrenabwehr unterstützen. Die bloße Einrichtung eines Runden Tisches, zudem wir mit unserem Antrag auf Anhörung im Finanzausschuss übrigens gerne die Besetzungsliste geliefert haben, reicht dabei nicht aus.
Die Landeshauptstadt Hannover darf sich nicht länger hinter der Polizei verstecken. Vor allem bau- und ordnungspolitische Maßnahmen werden in Hannover nicht ausreichend eingesetzt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es gibt inzwischen auch im Landeskriminalamt Niedersachsen Expertinnen und Experten, die bei städtebaulichen Maßnahmen ihre Fachlichkeit in Sicherheitsfragen einbringen könnten. Leider wird diese noch immer zu wenig angefragt.
Letztlich müssen alle kommunalpolitischen Möglichkeiten auf den Tisch. Wir brauchen ein mit der Polizei abgestimmtes Beleuchtungskonzept, konkrete Ordnungs- und Sicherheitskonzepte für jeden einzelnen Platz und eine deutliche Steigerung der Präsenz des Ordnungsdienstes. Es ist der Punkt erreicht, an dem es keine Denkverbote mehr geben darf. Wir müssen auch über Themen wie die Einrichtung von Waffenverbotszonen, deren Ausweitung und Überwachung sowie über die so oft kritisierte Videoüberwachung neu nachdenken und sie dann auch umsetzen. Sie ist kein Allheilmittel, aber sie kann abschreckend wirken und bei der Verbrechensaufklärung helfen.
Weil wir – ebenso wenig wie irgendjemand sonst – von vornherein auf alles eine Antwort haben, haben wir als CDU-Ratsfraktion hierzu auch eine Anhörung im Ausschuss für öffentliche Ordnung beantragt und wollen, unter Einbeziehung der Öffentlichkeit, mit Expertinnen und Experten über die Sicherheit in der Landeshauptstadt Hannover sprechen. Wir freuen uns gemeinsam herauszufinden, wie Hannover seinen notwendigen Beitrag zur Steigerung der tatsächlichen, aber auch der gefühlten Sicherheit leisten kann. Denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist neben vielem anderen unsere vornehmste Aufgabe.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.